Donnerstag, 25. Februar 2010

Book of Eli

SPOILER!

Wir wissen schon aus der Bibel, dass es nicht gut gehen kann, wenn Blinde Blinde führen. Und Monty Python´s Life of Brian hat uns das mit der Grube dann noch einmal stark verdeutlicht. Zu dumm, wenn Blinde dann auch noch nicht merken, dass sie selber nichts sehen. Splitter im Auge und so.

Ist ja ein schöner Twist, dass Mister Denzel sich am Schluss des Films als Blinder herausstellt, schön abgelenkt durch Jennifer Beals offensichtliche Blindheit. (Wer rechnet schon mit zwei Blinden in einem Film, zumal einer davon dauernd eine Sonnenbrille trägt, die er in den Häusern runter nimmt.)

Dass der gute Meisterschlächter ein Buch mit sich rumschleppt nach Westen, ist gleich klar. Dass es eine Bibel sein muss, ist auch schnell offensichtlich, selbst, wenn es ewig nicht ausgesprochen wird. Er verteidigt das Buch mit seinem Leben, ohne mit der Wimper zu zucken (natürlich, er ist ja blind!) tötet er in bester Rambo-Manier, man verliert den Überblick beim Bodycount. Das Buch muss nach Westen, eine Stimme (er meint "Gott") hat es ihm aufgetragen. Wie damals schon Abraham, dem Gott sagte, das Land gehöre ihm, oder, er solle seinen Sohn opfern. Irgendwie so jedenfalls. Der Typ ist jedenfalls tiefgläubig, ein heiliger Krieger, nur ohne Bombengürtel (das würde ja die Bibel kaputt machen), sondern mit Machete, Pistole und Gewehr.
Wir erfahren, dass keiner weiß, wie der Krieg, der die Erde vor Jahren verwüstet hat, ausgebrochen ist, dass aber wahrscheinlich "das Buch" der Grund für den Krieg war. Deshalb wurden nach dem Krieg alle Bibeln verbrannt, es gibt keine mehr, außer seiner.

Tadaa, und es ist keine normale Bibel! Als Denzel dann im Westen ankommt, die Golden Gate Bridge ist gebrochen (wieder ein Zeichen), wird er von einer Gruppe in Empfang genommen, die eine Art Museum betreiben. Sie haben nur auf diese King James Bibel gewartet, um ihre Druckerpresse anzuwerfen. Und Denzel, der das Buch mittlerweile nach dreißig Jahren lesender Wanderschaft im Kopf gespeichert hat (siehe Fahrenheit 741), diktiert dem Kurator das gesamte Werk, auf dass es wieder unter die Leute komme.

Nun weiß ich nicht, ob die Besetzung dieser letzten Figur, der der Welt die Erleuchtung bringen soll, vielleicht doch darauf hin weist, dass der ganze Film ironisch gesehen werden soll: ausgerechnet der immer zwielichtig wirkende Schauspieler Malcolm McDowell soll der Welt die Bibel zurück geben. (Als sie fertig ist, stellt er sie übrigens erst mal nur ins Regal.)

Abgesehen vom übertriebenen Gebrauch stylisher Zeitlupen in farbentsättigten Wüstenlandschaften (ohne welche der Film wahrscheinlich um ein Drittel kürzer wäre), vielleicht liegt es an meiner generellen Religionsaversion, dass ich den Film so überhaupt nicht gut fand. Ich kann mir nur nicht erklären, wie man die Ironie hinter der Storyprämisse nicht sehen kann!

Der Film verkauft uns einen einzelgängerischen, von seinem Glauben getriebenen und dazu noch physisch blinden (!) Gewaltverbrecher und Mörder als den Boten der Erlösung der Welt, die darin besteht, ein Buch wieder zu verbreiten, das nicht nur das gesamte Blutvergießen in diesem Film verantwortlich ist, sondern wahrscheinlich sogar für die Katastrophe, die die Menschheit beinahe ausgelöscht hätte! Und alle sagen "Amen!" und "Halleluja!" dazu.

Ich fasse es nicht, ehrlich.

Donnerstag, 18. Februar 2010

Star Trek

Nach ein paar Surfclicks bin ich bei Genzels Filmrezession zum neuen Star Trek auf Mannbeisstfilm gelandet. Ich wusste bereits, dass ihm dieser Relaunch nicht wirklich gefallen hat, nun weiß ich auch warum. Aber da meiner Meinung nach hier Anspruch und Intention auseinander laufen, gebe ich meinen Kommentar zur Rezension hier im Blog nochmal wieder:

„Anders als Nolans Batman-Neuerfindung, bei der er - wie bereits Tim Burtons Filme auch, nur nun eben realistischer dargestellt und deshalb "tiefgründiger" als zuvor erscheinend - auf einer Comicvorlage aufbaut, die den Figuren echte emotionale Konflikte ermöglicht, hat das Star Trek Universum von vornherein nichts zu bieten, was einem derartigen Anspruch genügen würde.

Die Serie war, was die Figurenkonflikte anbelangt, die dich ja am meisten zu stören scheinen, weil sie eben fehlen, immer schon flach wie die Brust einer Neunjährigen. Das war beim Original so, bei der Next Generation, bei Deep Space Nine, bei Voyager und beim Prequel Enterprise, bei allen Spinoffs also, und auch bei allen Star Trek Kinofilmen.
Das Star Trek Universum hat einfach keine Helden, die mit sich selbst kämpfen. Nicht einmal Spock hatte je Tiefgang, er ist nur der einzige mit einem persönlichen Zwiespalt, na toll. Die Figuren geben einfach nichts her.

Star Trek neu zu erfinden, mit Figuren, die sich plötzlich verändern und Tiefgang haben, hieße, Star Trek einzustampfen und etwas wirklich Anderes daraus zu machen. Aber dann wäre es eben nicht mehr Star Trek. Dieses Universum funktioniert, weil es leichte Zerstreuungskost ist, die sich ein wenig den Anschein von futuristischer Wissenschaftlichkeit verleiht. Seichte Science Fiction eben, á la Perry Rhodan: Unterhaltsam und nichts weiter. Ist ja nichts Schlechtes dabei!

Wenn du aber gute Figurenkonflikte in einer SciFi-Story sehen willst, dann geh zu Joss Whedon. Bei Firefly war schon Saft in den Figuren der Serie, und auch auf der Leinwand ist dann Material da, das emotional funktioniert.“

Donnerstag, 11. Februar 2010

Up in the air (Jason Reitman, 2009)


Er möchte ja jetzt keine Interviews mehr geben, weil er schon so berühmt ist, dass er sich selbst im Schlafzimmer vor seiner Freundin und seinem Hausschwein verstecken muss, aber was soll man machen, wenn man Schauspieler ist, gut aussieht und tatsächlich auch noch spielen kann. George Clooney ist für einen Oskar als bester Hauptdarsteller nominiert, was ihm wohl schmeicheln mag, aber seinen Wünschen nach weniger Publicity sicher nicht zuträglich sein dürfte. Selber schuld, soll er doch einfach keine Filme mehr machen, damit wäre das Problem wohl gelöst.

Aber schade wär´s um ihn, darum bitte weiter spielen. Mit einer oberflächlichen Leichtigkeit lebt Ryan Bingham sein Leben in der öffentlichen Anonymität von Flughäfen, Hotels und Flugzeugen, während er von Firma zu Firma reist, um Angestellte auf möglichst humane Art zu feuern. Eine Romanze mit der in ihrer Unabhängigkeit gleichgesinnten Alex (Vera Framiga) macht die seltenen Treffen in den verschiedenen Hotels der Welt zu den unverbindlichen Höhepunkten seines Lebens.


Allein, sein Job soll durch einen Onlinedienst ersetzt werden, ausgerechnet Bingham soll die junge Göre Anna (Natalie Keener) ausbilden, deren Software seinen Arbeitsplatz überflüssig machen wird. Die naive, unerfahrene Dummheit der kleinen, süßen Anna passt so gar nicht in Binghams Leben, doch was er anfangs belächelt und weltmännisch überlegen als Unerwachsen abtut, wird mit der Zeit zum Wetzstein, an dem sich die nichtssagende Oberfläche von Binghams Leben abschabt.


Dass er darunter tatsächlich noch etwas entdeckt, ist für die Figur wie auch für den Zuschauer gleichermaßen überraschend. Er stellt fest, dass er sich in Alex verliebt hat, und dass er für sie sogar die ihm über alles heilige Sicherheit seines freien Lebens aufgeben würde. Was so natürlich nicht funktioniert, und eben in dem Moment, in dem er sich verletzlich macht, schlägt das Leben zu und Bingham ist am Ende einsamer als je zuvor. Er hat zwar erreicht, wovon er immer geträumt hat – ein sinnloses Ziel von 10 Mio. Vielfliegermeilen – , aber was er brauchte, bleibt ihm verwehrt: wahre Geborgenheit.





Beeindruckend ist die Ruhe, mit welcher der Film die Geschichte des ewig ungebundenen Reisenden erzählt. Hotels und Flughäfen sind immer gleich, die Eintönigkeit suggeriert Sicherheit, die Unruhe der verwandtschaftlichen Beziehungen (Binghams Schwester heiratet, wie unangenehm) stört lediglich den Rhythmus eines perfekten Herzschlags.


Erst, als Bingham sich verliebt und damit wirklich zu leben beginnt (auch das in schlichter Weise und ohne unnötig dramatischen Bombast erzählt), wandelt sich das Bild von der Idylle seines einsamen Lebens. Die Bedeutung des Wortes einsam wird verrückt, seine Schattenseite wird sichtbar und Bingham zum ersten Mal schmerzhaft bewusst.





Der Film bleibt Pärchenkino, keine Frage. Er erweckt ein Gefühl der Dankbarkeit für jede Form von Durcheinander, mit der man in seinem Leben vielleicht kämpft, weil er zeigt, wie grausam eine selbsterwählte Einsamkeit doch bei aller scheinbaren Zufriedenheit doch in Wahrheit ist. Und dabei erreicht er auch noch ein Niveau, an dem sich die besten messen können.


Weiter so, George, ich steh auf dich.




Sonntag, 7. Februar 2010

Shakespeare in Love (John Madden, 1998)

Will Shakespeare (Joseph Fiennes) verliebt sich in die schöne Viola De Lesseps (Gwyneth Paltrow), die in seinem neuen Stück verbotenerweise - Frauen auf den Bühnen Englands verboten - den Romeo geben soll. Gestern wieder mal gesehen, auf VHS! ohne Verzerrungen! Juhuu!, und mich köstlich amüsiert.

Die Stimmung des Elisabethanischen Zeitalters wird mit viel Effekt, wenn auch historisch nicht wirklich exakt, und vor allem mit sehr schönem Humor auf die Leinwand gebracht.

Shakespeare, der Dichter, der nichts auf die Reihe bekommt und sich ständig anhören muss, dass sein Konkurrent Christopher Marlowe der beste Autor des Zeitalters ist, kämpft verbissen darum, ein neues Stück zu Stande zu bringen, verliebt sich, und findet seine Muse wieder. In ausgezeichnet geschriebenen und auch umgesetzten Parallelmontagen vermischt sich der Schreib-und Probenprozess mit dem Leben der Protagonisten, beides wird flüssig voran getrieben.


Ein Aspekt ist mir neben diesen bemerkenswerten Montagen gestern Abend zum ersten Mal aufgefallen, nämlich die Verwendung eines dramentechnischen Kunstgriffs, der auch, bei James Camerons Titanic Anwendung fand.
Der Autor steht vor der Aufgabe, einen sehr komplizierten Sachverhalt auf die Leinwand bringen zu müssen, der nun just auch mit dem emotionalen Höhepunkt am Ende der Story zusammen fallen soll. Es bleibt kein Raum für Exposition, der Zuschauer soll emotional an den Figuren kleben, auf keinen Fall darf nun eine technische Erklärung folgen, aber der Zuschauer darf sich auch nicht denken: Hmm, das Heck der Titanic steht nun aber schon eine ganze Weile senkrecht im Wasser, ist das nicht unrealistisch? Dann könnte Leonardo absaufen oder nicht, den Film würde niemand weiterempfehlen.


Cameron hat - Christian Genzel hat mich übrigens auf diesen Kniff aufmerksam gemacht - die ganze technische Kabbelei an den Anfang seines Drehbuchs gestellt: Wir lernen die Figuren kennen, erfahren, dass die Titanic per U-Boot erkundet werden soll, und bekommen nebenbei in einer Computersimulation erklärt, welche Schritte die Titanic bei ihrem Untergang durchlaufen hat: Hüllenriss - Volllaufen - Auseinanderbrechen - Vorderteil versinkt, Hinterteil stellt sich auf und versinkt später... Und kein Mensch bemerkt mehr den komplexen technischen Hintergrund, der nun ganz selbstverständlich abläuft, während Leonardo und Kate um ihr Leben kämpfen.

Bei Shakespeare in Love verhindert dieser Kunstgriff, dass sich am Ende, als Will und Viola sich auf der Bühne in der Todesszene von Romeo und Julia auch auf der Metaebene ihres realen Lebens verabschieden, der Zuschauer die Frage stellt, was zum Teufel denn hier eigentlich los sei: die Schlusssequenz des Stückes Romeo und Julia wird extrem gerafft auf die Bühne gebracht, parallel montiert mit dem aussichtslosen Höhepunkt der Liebesgeschichte zwischen Will und Viola und angereichert mit einer ganzen Reihe von kleinen Fäden, die nun auf ihre Auflösung hin zusammen laufen.
Warum stolpert nun in dieser äußerst komplexen und hochemotionalen Szene niemand über den Inhalt des Theaterstücks, dessen Ende wir (zumindest im Film) noch nie gesehen haben? Woher weiß der Zuschauer, ohne es wahr zu nehmen, was da vor sich geht, mit Mönche, Apotheker, Scheintod, Tod und wieder Tod, so einfach ist das Ende der Tragödie ja nun auch wieder nicht.

Es wird uns zuvor explizit erzählt. Will kommt nach dem offensichtlichen Scheitern seiner Liebe zu Viola ins Theater und eröffnet den versammelten Darstellern, dass er ein Ende für sein Stück habe. Welches er dann auch Schritt für Schritt erklärt.
In dieser Szene geschehen mehrerlei Dinge zugleich: Erstens ist es eine klare, ruhige und expositorische Szene, in welcher der Zuschauer nach den emotionalen Strapazen, die sich bis dahin aufgetürmt haben, kurz Atem schöpfen kann. Zweitens wird, wie häufig üblich am Ende des zweiten Aktes, Zwischenbilanz gezogen: Was wurde erreicht, was wurde nicht erreicht, wie soll es weiter gehen. Und drittens wird das Problem auf ganz simple Weise gelöst, die Klimax am Ende nicht mit technischen Erklärungen im Moment des emotionalen Höhepunktes zu überlasten.

Ein Lehrstück der Schreibkunst, das man sich mit Gewinn mehrmals ansehen kann.

Freitag, 5. Februar 2010

Brooklyn´s Finest (Antoine Fuqua)

Lange nichts gehört von Wesley Snipes, und dann taucht er auf "Kabuff!", in einem Polizeithriller mitten in einem Cast, das sich gewaschen hat. Und er ist wirklich nur einer von vielen Akteuren, die sich in diesem dunklen Ach-wie-schlimm-ist-es-doch-bei-der-Polizei-in-New-York-Film die Klinken in die Hand drücken, um am Ende fast ausnahmslos tot zu sein:

Richard Gere, Ethan Hawk, Don Cheadle und eine Reihe ebenfalls bekannter Gesichter, einer abgefuckter als der andere, ausgebrannte Cops, gestresste Drogendealer, Nuttenverklopper, Finsterlinge wo man nur hinschaut, auf jeder Seite des Gesetzes, das bei allen Bemühungen einfach nicht greifen will in den endlosen Wohnsilos von Brooklyn.
Hawk und Regisseur Fuqua kennen sich spätestens seit Training Day (mit Denzel Washington), nur diesmal ist die Hoffnung auf Veränderung im desolaten Polizeimilieu wirklich gegen Null reduziert.

Meine bessere Hälfte hat das Gefühl, das im Kino vorherrschte, treffend mit folgenden Worten zusammen gefasst: "Ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, wann der Film endlich wirklich los gehen würde, bis ich festgestellt habe, dass ich schon die ganze Zeit extrem gespannt bin!

Die Story ist schnell zusammengefasst, liefert aber nur den Hintergrund für das düstere Gemälde.
Drei völlig unterschiedliche Cops des 65. Reviers werden begleitet: Eddie Dugan (Richard Gere) steht vor der Pensionierung, ist ein psychisches Wrack, dessen einziges seelisches Ventil eine Prostituierte ist, die er sich mit den jungen Kollegen teilt, und rührt keinen Finger mehr. Tango (Don Cheadle) arbeitet schon so lange under cover, dass er die Fronten längst nicht mehr klar sieht und der im entscheidenden Augenblick nur der Bauer in einem zu großen Schachspiel zu sein scheint. Und Sal (Ethan Hawk) lebt mit seiner schwangeren Frau und einer Horde Kindern in einem abbruchreifen Haus, und so sehr er sich bemüht, Geld für einen längst überfälligen Umzug zusammen zu bekommen, ihm bleibt letztlich, gefangen in seiner eigenen kleinen Welt, nur die Möglichkeit, bei den täglichen Razzien vor Ort irgendwie an Teile des ständig präsenten Drogengeldes zu kommen, um seiner Familie eine Zukunft bieten zu können.

Teils wirklich beklemmend wird die Ausweglosigkeit aller Protagonisten zelebriert, welche, episodenhaft überlappend erzählt, im einer ganzen Reihe gewaltsamer Tode gipfelt. Allein Dugan gelingt es mehr zufällig, als er mit der Nase darauf gestoßen wird, einen lange offenen Fall von Verschleppung und Zwangsprostitution aufzuklären - allerdings ausgerechnet erst an dem Tag, an dem er seine Marke abgegeben hat, kein Polizist mehr ist und von der einzigen Person vor die Tür gesetzt wurde, die er noch hatte.

Tragisch, untergründig ironisch, der Film nimmt einen mit.
__________________
gesehen: Cineplexx City, Salzburg / Ö am Donnerstag, 4.2.2010, 20:30 - Maxx Sneak Preview